Portugal hat eines der modernsten Geburtsortsprinzipien (Jus Soli) in Europa. Anders als Deutschland, wo die Geburt allein noch keine Staatsbürgerschaft verleiht, können in Portugal geborene Kinder unter bestimmten Voraussetzungen automatisch Portugiesen werden. Die Regelungen wurden 2018 nochmals deutlich liberalisiert.
Das Wichtigste auf einen Blick 📌
- Automatische Staatsbürgerschaft bei Geburt, wenn mindestens ein Elternteil Portugiese ist
- Doppeltes Jus Soli: Kind wird Portugiese, wenn ein Elternteil auch in Portugal geboren wurde
- Nur 2 Jahre Aufenthalt eines Elternteils reichen seit 2018 aus
- Rückwirkende Anwendung möglich für vor 2018 geborene Kinder
Wer erhält die Staatsbürgerschaft bei Geburt?
1. Ein Elternteil ist portugiesisch 🇵🇹
Das ist der einfachste Fall: Wird ein Kind in Portugal geboren und ist Mutter oder Vater portugiesischer Staatsbürger, erhält das Kind automatisch die portugiesische Staatsbürgerschaft. Dies gilt unabhängig vom Aufenthaltsstatus oder der Staatsbürgerschaft des anderen Elternteils.
2. Doppeltes Jus Soli – Die Zweite-Generation-Regel 👨👩👧
Ein revolutionäres Konzept: Ist ein Elternteil selbst in Portugal geboren (egal welcher Nationalität), wird das Kind automatisch Portugiese. Diese Regel wurde 2006 eingeführt und macht Portugal zu einem Vorreiter in Europa.
Beispiel: Maria wurde als Tochter brasilianischer Einwanderer in Lissabon geboren. Obwohl sie brasilianische Staatsbürgerin ist, werden ihre in Portugal geborenen Kinder automatisch Portugiesen.
3. Die 2-Jahres-Regel (seit 2018) ⏰
Die große Reform von 2018 senkte die Aufenthaltsdauer drastisch: Lebt mindestens ein Elternteil seit zwei Jahren legal in Portugal, erhält das neugeborene Kind die portugiesische Staatsbürgerschaft bei Geburt.
Wichtige Voraussetzungen:
- Legaler Aufenthalt (mit gültiger Aufenthaltserlaubnis)
- Mindestens 2 Jahre ununterbrochener Aufenthalt
- Elternteil darf nicht für einen ausländischen Staat arbeiten
4. Findelkinder 👶
In Portugal aufgefundene Kinder unbekannter Herkunft gelten als portugiesische Staatsbürger, bis das Gegenteil bewiesen wird. Diese humanitäre Regelung schützt verlassene Kinder.
Praktisches Vorgehen bei der Registrierung
Schritt 1: Geburtsurkunde beantragen 📋
Nach der Geburt muss das Kind innerhalb von 20 Tagen beim Standesamt (Conservatória do Registo Civil) registriert werden. Bei automatischer Staatsbürgerschaft wird diese direkt eingetragen.
Schritt 2: Erforderliche Dokumente
- Geburtsbescheinigung aus dem Krankenhaus
- Ausweise beider Elternteile
- Heiratsurkunde (falls verheiratet)
- Aufenthaltsnachweise (bei der 2-Jahres-Regel)
- Geburtsurkunden der Eltern (beim doppelten Jus Soli)
Schritt 3: Portugiesischen Pass beantragen 🛂
Nach der Registrierung kann direkt ein portugiesischer Pass für das Kind beantragt werden. Die Bearbeitungszeit beträgt etwa 5-10 Werktage.
Besondere Fälle und Ausnahmen
Kinder von Diplomaten 🏛️
Arbeiten beide Elternteile für einen ausländischen Staat (z.B. als Diplomaten), erhält das Kind keine portugiesische Staatsbürgerschaft bei Geburt. Diese Ausnahme folgt internationalem Recht.
Rückwirkende Anerkennung 🔄
Kinder, die vor den Reformen geboren wurden, können oft rückwirkend die Staatsbürgerschaft erhalten. Besonders die 2018er Reform wurde explizit rückwirkend angewandt. Mehr zur nachträglichen Anerkennung →
Doppelte Staatsbürgerschaft ✌️
Portugal erlaubt unbegrenzt mehrere Staatsbürgerschaften. In Portugal geborene Kinder können also sowohl die portugiesische als auch die Staatsbürgerschaft ihrer Eltern behalten.
Vorteile für in Portugal geborene Kinder
🎓 Bildung: Zugang zum portugiesischen Bildungssystem ohne Einschränkungen
🏥 Gesundheit: Volle Krankenversicherung im nationalen Gesundheitssystem
🇪🇺 EU-Bürgerschaft: Freizügigkeit in der gesamten Europäischen Union
🌍 Reisefreiheit: Visafreies Reisen in 186 Länder weltweit
Häufig gestellte Fragen
Muss ich Portugiesisch sprechen, damit mein Kind die Staatsbürgerschaft erhält? Nein, für die Staatsbürgerschaft bei Geburt sind keine Sprachkenntnisse der Eltern erforderlich.
Verliert mein Kind seine andere Staatsbürgerschaft? Portugal verlangt keinen Verzicht auf andere Staatsbürgerschaften. Prüfen Sie aber die Regeln des anderen Landes.
Was, wenn ich illegal in Portugal lebe? Nur legaler Aufenthalt zählt für die 2-Jahres-Regel. Bei illegalem Aufenthalt sollten Sie erst Ihren Status regularisieren. Informationen zur Legalisierung →
Vergleich mit anderen EU-Ländern
Portugal gehört zu den liberalsten Ländern Europas beim Geburtsortsprinzip:
Land | Regelung |
---|---|
🇵🇹 Portugal | 2 Jahre Aufenthalt eines Elternteils |
🇩🇪 Deutschland | 8 Jahre Aufenthalt + unbefristetes Aufenthaltsrecht |
🇫🇷 Frankreich | 5 Jahre Aufenthalt + Kind muss 5 Jahre in Frankreich leben |
🇮🇹 Italien | Kind muss bis 18 in Italien leben, dann Antrag möglich |
Historische Entwicklung
Die portugiesischen Regelungen haben sich stark gewandelt:
- Vor 1981: Nur Kinder portugiesischer Väter erhielten automatisch die Staatsbürgerschaft
- 1981: Gleichstellung von Müttern und Vätern
- 2006: Einführung des doppelten Jus Soli
- 2018: Senkung der Aufenthaltsdauer auf nur 2 Jahre
Mehr zur Geschichte des portugiesischen Staatsangehörigkeitsrechts →
Tipps für werdende Eltern in Portugal
✅ Frühzeitig informieren: Klären Sie Ihren Aufenthaltsstatus vor der Geburt
✅ Dokumente vorbereiten: Besorgen Sie beglaubigte Übersetzungen aller wichtigen Dokumente
✅ Rechtzeitig registrieren: Verpassen Sie nicht die 20-Tage-Frist für die Geburtsanmeldung
✅ Beide Staatsbürgerschaften sichern: Beantragen Sie auch die Staatsbürgerschaft des anderen Elternteils
Weiterführende Wege zur Staatsbürgerschaft
Wurde Ihr Kind nicht automatisch Portugiese bei Geburt? Es gibt weitere Möglichkeiten:
- Einbürgerung nach 5 Jahren Aufenthalt →
- Staatsbürgerschaft durch portugiesische Großeltern →
- Erleichterte Einbürgerung für Minderjährige →
Rechtliche Unterstützung
Bei komplexen Fällen empfiehlt sich professionelle Beratung:
📞 Spezialisierte Anwaltskanzleien →
📍 Conservatória do Registo Civil (Standesämter) in Ihrer Nähe
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Portugal macht es Kindern leicht, Portugiesen zu werden. Die liberalen Geburtsortregelungen spiegeln die Weltoffenheit des Landes wider und geben der nächsten Generation eine europäische Zukunft.